Geschwister von A bis Z

Der Begriff Geschwister ist nach allgemeiner Vorstellung recht eindeutig. Es handelt sich dabei um Kinder derselben Eltern, so die Auffassung der meisten Menschen (ist im Übrigen auch im DUDEN so verankert). Doch vielfach haben sie nicht mehr gemein als Kinder aus unterschiedlichen Familien. Doch warum ist dieses so? Warum lieben sich die einen und warum leiden einige miteinander? Im Folgenden nun soll dieses Phänomen ein wenig näher beleuchtet werden.

Zahlreiche Facetten auf der Erde

Man muss sich mittlerweile an zahlreiche Facetten gewöhnen, wenn es um das Thema Geschwister geht. So gelten in vielen Staaten und fremden Kulturen der Erde auch Cousine und Cousin als Geschwister, weil sie halt eng zur Familie gehören. Mitteleuropäer fassen diesen Begriff zwar deutlich enger, müssen sich aber an die neuen Facetten gewöhnen, die die Gesellschaft mit sich bringt. Der Trend zu Scheidungen oder Zweit-Ehen ist ungebrochen, aber auch die verschiedenen Pflegeverhältnisse und zahlreichen Adoptionen lassen das herkömmliche Bild durcheinander geraten. Dadurch gehen Stiefgeschwister, Halbgeschwister, Adoptivgeschwister und Pflegegeschwister hervor, die also den ursprünglichen Begriff von Geschwistern gehörig aus dem Gleichgewicht bringen. Trotz dieser Umstände wachsen in der heutigen Zeit immer weniger Kinder mit Geschwistern auf. Hatte die durchschnittliche Familie um das Jahr 1900 noch 5 bis 6 Kinder, so sank der Wert in den 50er Jahren auf zwei Kinder. Heute liegt der Statistik zufolge die Zahl unter 1,5 Kinder.

Warum sie sich ähnlich sind

Geschwister (also die, die auch im Duden so definiert sind) besitzen rund 50 % an gemeinsamen Genen. Sofern sie gemeinsam in ihrer Familie und in der gleichen Umgebung aufwachsen, sind sie zudem denselben Einflüssen ihrer Umwelt ausgesetzt. Weitere Kriterien für die Ähnlichkeit sind beispielsweise

• Volle Identifikation mit den Eltern


• Vorbild des gleichgeschlechtlichen, älteren Geschwisterteils verstärkt Ähnlichkeit (Vorbildfunktion)


• Erarbeiten kognitiver Strukturen für ihr Verhalten bereits während des ersten Lebensjahres (erfolgt unbewusst und zeigt sich stabil gegenüber Veränderungen)

Trotz der anzunehmenden Ähnlichkeiten in Sachen Charakter und Denken bestehen doch mehr Unterschiede als man vermuten mag. Im Grunde sind sie nicht ähnlicher als nicht miteinander verwandte Kinder, die im selben Umfeld aufwachsen. Und noch ein Phänomen: Eineiige Zwillinge, die gemeinsam aufwachsen, zeigen mehr Unterschiede als jene, die getrennt voneinander leben. Offensichtlich lenkt das gemeinsame Leben in der Familie die Geschwister in verschiedene Richtungen. Als Erklärung kann man beispielsweise die Nischenbildung und die Rolle in der Familie anführen. Kinder suchen sich immer eine Nische innerhalb der Familie und unterscheiden sich somit voneinander, sobald ihre Interessensgebiete und Gedanken verschieden sind. Man spricht hier von der Strategie der koexistierenden Konkurrenz. Aggressionen kommen somit erst gar nicht auf.

Kinder benötigen immer Aufmerksamkeit in ihrer Familie. Jedes Kind bringt dabei seine eigenen (positiv wie negativ) Fähigkeiten ins Spiel, um dieses Ziel zu erreichen. Doch auch Eltern üben einen erheblichen Einfluss auf die unterschiedlichen Rollen aus. Oftmals übertragen sie (unbewusst) eigene Geschwistererlebnisse und -konstellationen und fördern dadurch den Unterschied.

Rivalität unter Geschwistern

Um Liebe und Zuwendung zu erlangen, treten Geschwister als Rivalen und Konkurrenten auf, auch wenn sich die Beziehung zueinander nicht allein damit erklären lässt. Im Grunde wollen sie mit ihrer Verschiedenheit genau so verstanden und akzeptiert werden.

Hass und Liebe zählen zudem zum Erscheinungsbild unter Geschwistern. Geschwisterliebe entsteht immer dann, wenn die Mutterliebe ausbleibt. Allerdings kann dieses schnell auch in Geschwisterhass ausufern, wenn Eltern durch ihr Verhalten eine schädigende Wirkung auf die Geschwisterbeziehung ausüben.

Besonders nachteilig erweist es sich, wenn die Eltern ihre Kinder lediglich nur als Ersatzkinder ansehen und diese beispielsweise nur als "Ersatz" für tote Geschwister gelten. Die Kinder fühlen sich dadurch lediglich als Vertreter und sekundär ohne eigene Identität.

Auch neue Geschwisterbeziehungen, die Kinder in anderen Familien (Adoption, Stieffamilie, Lesben etc.) erleben, erweisen sich oft als problematisch. Nur wenn sich die neuen Eltern auf die Bedürfnisse der Kinder einstellen und ihnen die notwendige Unterstützung zukommen lassen, erscheint eine Lösung in Sicht.

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